Pupuze Berber

Die Ballade von der alten Frau und der Katze im Wald

Neulich treffe ich
eine alte Dame
am Rollator
und in Persianer
Wir steigen beide aus der U-Bahn

Sie hat Schwierigkeiten
ich eiligen Termin
aber ich helfe ihr
so gehen wir
langsam
nebeneinander her

Nach fünf Schritten
bleibt sie stehen
schaut mich an und
sagt:

„Ach, wissen Sie,
neulich treffe ich meine Katze im Wald
eigentlich ein Kater
Fritz sage ich
wie er da am Baum liegt
keine Ahnung,
ob Birke,
Eiche oder
Fichte?
Nein, nein
Tanne erkenne ich,
die war‘s nicht
Ich sag, Fritz sag ich
du alter Zausel,
du mochtest meine Männer nicht.
Aber die Fleischbuletten.
Wie du sie geschlungen hast,
weißt du noch?

Da sagt er, „ich bin doch tot.“
Ich sag, „das weiß ich doch.“

Der Rollator rollt wieder
wir laufen zum Aufzug
sie drückt den Knopf und sagt:

„Ach, wissen Sie,
neulich im Wald,
da traf ich meine Katze,
eigentlich ein Kater.
Wie er da liegt, unterm Laub
so viele Schichten
der endlichen Zeit
damals war ich ganz jung
Ich sag, Fritz, sage ich
du weißer Bengel,
hast mit meiner Wolle gespielt
und Löcher gewoben
mir ins Gedächtnis
Hab‘s dir doch verboten
weißt du noch?

Da sagt er, „ich bin doch tot.“
Ich sag, „das weiß ich doch.“

Wir fahren dann
mit dem Aufzug hoch
Darin kein Wort
Die Tür geht auf,
sie rollt hinaus.
Bleibt stehen und:

„Ach, wissen Sie,
neulich da traf ich den Fritz im Wald,
wie er da lag,
am Wegesrand.
Ich sag, Fritz sage ich,
Du beleidigte Leberwurst.
Warum dieses Schweigen
Hab‘s halt tun müssen,
es musste so sein.
Hör auf mit dem Zirkus

Da sagt er, „ich bin doch tot.“
Ich sag, „das weiß ich doch.“

Die Dame wendet sich ab und
geht in Zeitlupentempo fort


Moment mal,
denke ich,
da fehlt doch noch was
Mit zwei großen Schritten
habe ich sie eingeholt
Sie lächelte mich an:

„Ach, wissen Sie,
neulich im Wald,
da traf ich meinen Fritz.
Wie er da lag im tiefen Graben
das Herbstlaub über
Mund und Augen.
Ich sag, Fritz sag ich,
du alter Schwerenöter
gestorben bist du
durch meine Hand

Da sagt er „Ich bin doch tot“
Ich sag „das weiß ich doch,
sonst wärst du fort“